“Wesertal – wo sich #Nazis und #Neonazis wohlfühlen”. Mit diesem Tweet erregte Michael Brakemeier, Redakteur des Göttinger Tageblattes vor einigen Tagen die Gemüter. Ein Tweet, der ärgerlich stimmt. Fehlende Differenzierung impliziert, dass Wesertal eine Hochburg der Rechten sei. Wer die Gemeinde nicht kennt könnte annehmen, dass die Rechten sich hier, wie die Maden im Speck fühlen.
Die Bürgerinitiative Wesertal ist bunt – kein Platz für Nazis widerspricht dem Tweet vehement. “Nein, Wesertal ist nicht die Gemeinde, in der sich Nazis wohlfühlen. Wesertal steht für Vielfalt, Toleranz, Respekt und eine offene Gesellschaft.”
Hintergrund des Tweets ist der Zuzug des mehrfach verurteilten Meinolf Schönborn in den Wesertaler Ortsteil Gieselwerder und der Erwerb einer alten Hotelanlage, die zur Schutz und Trutzburg für Patrioten umgebaut werden soll (Siehe Artikel TAZ).

Für die überwiegende und deutliche Mehrheit der Wesertal*Innen, die sich nicht mit dieser Ideologie identifizieren ist dieser Tweet ein Schlag ins Gesicht. Ein Schlag ins Gesicht, der aber vielleicht auch gleichzeitig ein Weckruf ist. Denn der Tweet regt zum Nachdenken an. Seit mehreren Jahren wird vom Klosterhof Verlag, der im Wesertaler Ortsteil Lippoldsberg ansässig ist, rechtskonservatives Material vertrieben, Teils ohne, dass sich dagegen spürbarer Widerstand geregt hätte.
Das soll sich nun ändern. Bereits kurz nachdem der Zuzug Schönborns bekannt wurde, formierte sich eine Initiative in der Bürgerschaft mit Unterstützung aus Kreis-, Land-, und Bundestag. Esther Dilcher (MdB) und Oliver Ulloth (MdL), beide SPD, stärken der Initiative Wesertal ist bunt – Kein Platz für Nazis, seit der ersten Stunde den Rücken. So brachte Oliver Ulloth einen Dringlichkeitsantrag im Kasseler Kreistag zur Abstimmung ein, dem sich alle Fraktion bis auf die AfD anschlossen und der Einstimmig angenommen wurde. Esther Dilcher thematisierte die aktuelle Situation während ihrer Haushaltsrede am 10. Dezember 2020 und machte sehr deutlich, wie wichtig es ist, sich gegen rechte Ideologie und deren Verbreitung zu wehren.
Aus der Wesertaler Gemeindeverwaltung vernimmt man zur Zeit leisere Töne. Man wolle das Thema öffentlich behandeln und Viele einbeziehen. “Als Teil der demokratischen Gesellschaft müsse man das aushalten, dass da Menschen mit anderer Gesinnung – soweit im rechtlichen Rahmen – leben”, so Bürgermeister Cornelius Turrey.
Eine ausführliche Stellungnahme der Gemeinde liegt bisher nicht vor. Sobald diese Verfügbar ist wird sie nachgereicht.